Über den Wind können wir nicht bestimmen. Aber wir können die Segel setzen.

Segelboot

 

Meinem Kenntnisstand nach ist der genaue Ursprung dieses Spruches unbekannt, sinngemäß wird er den Vikingern zugeschrieben. Ich weiß also nicht, welcher schlaue Kopf diese Worte formuliert hat, aber der Spruch fasziniert mich. Denn erstens mag ich Boot fahren und finde segeln faszinierend, und zweitens mag ich Metaphern.

Metaphern wie diese haben die Eigenschaft, dass sie ein nicht greifbares, vielleicht komplexes Phänomen oder Problem vereinfachen und greifbar machen können.

„Über den Wind können wir nicht bestimmen. Aber wir können die Segel setzen.“ – Was passiert denn beim Segeln? Anders als bei der motorisierten Schifffahrt sind wir beim Segeln dem Wind ausgeliefert. Quasi von ihm abhängig. Wir brauchen den Wind, damit die Segel Vortrieb entwickeln können. Ohne Wind kommen wir nicht voran. Zumindest nicht auf dem offenen Meer, denn dort hilft uns ein eventueller Hilfsmotor (den Segelboote ja in der Regel haben) nicht weiter. Bei Flaute heißt es also: warten.

Nun ist das Vorhandensein von Wind aber keine automatische Garantie für ein gutes Vorankommen. Man kann zwar mit entsprechenden Segelkenntnissen hart am Wind segeln, also fast gegen den Wind vorankommen, aber eben nur fast. Wenn der Wind genau aus der Richtung kommt, in die ich fahren möchte, muss ich Zick Zack fahren. Also kreuzen, wie man beim Segeln sagt. Hier fängt es bereits an, komplizierter zu werden. Ich muss mir also je nach Wind etwas einfallen lassen, wenn ich mein Ziel erreichen oder zumindest auf Kurs bleiben möchte.

Und stellen Sie sich vor, Sie haben nicht zu wenig Wind oder aus der falschen Richtung, sondern zu viel… Wenn es richtig braust und stürmt, dann kann das ganz schön ungemütlich werden. Auf dem offenen Meer kann ich ja nicht einfach anlegen, das Boot am Poller festmachen, aussteigen und in der Hafenkantine gemütlich eine Tasse heiße Schokolade mit Sahne trinken… Wenn ich beim Segeln auf dem Meer in eine stürmische Wetterlage gerate, dann muss ich da durch. Ganz einfach. Das kann hart werden, unangenehm, es kann auch gefährlich werden. Da hilft nur Segel reffen (das bedeutet, dass man die Segel einholt, also die Segelfläche verkleinert, um dem Wind weniger Angriffsfläche zu bieten). Damit verringere ich die Gefahr des Kenterns, aber entspannt zurücklehnen geht anders…

Aber Moment - Warum sollte ich denn überhaupt in eine stürmische Wetterlage geraten? Wer auf einen Segeltörn geht, informiert sich doch vorher über das Revier und das Wetter auf der Route. Eine geschickte Törnplanung sieht ja vor, unangenehme Wetterlagen gar nicht erst anzufahren. Zur Not bleibe ich im Hafen und fahre am nächsten Tag los – je nach Segelkenntnissen und Erfahrung. Auch das gehört dazu.

Aber kommen wir mal von den beiden Extremfällen weg, nämlich erstens keinen oder zweitens zu viel Wind zu haben, und gehen wir mal gedanklich auf einen Törn, auf dem angenehmer Wind weht. Wir kommen voran. Es ist nicht gefährlich. Dennoch müssen wir die Segel setzen. Denn wenn ich nicht weiß, was der Wind mit meinen Segeln macht, werde ich mich vielleicht wundern, in welche Richtung ich fahre.

Wenn ich die Segel falsch setze, werden mich Wind und Wetter im Kreis drehen, zurückschieben oder vielleicht zum Kentern bringen.

Jetzt habe ich so viel über das Segeln gesprochen – ich möchte mal den Schwenk wagen und mich mit dem Leben beschäftigen.

Vielleicht sind Sie gedanklich schon über diese Brücke gegangen, vielleicht hat die intensivere Beschäftigung mit der Metapher des Segelns schon in Ihnen gewirkt…? Ist es im Leben nicht auch so, dass uns der Wind manchmal ins Gesicht bläst oder uns droht umzuwerfen? Oder ist nicht manchmal so, dass Flaute herrscht, wir also gar nicht vorankommen, sondern stillstehen und nicht wissen, wann es weitergeht? Ist es im Leben nicht auch so, dass wir manchmal Dinge tun, Entscheidungen treffen oder Strategien anwenden, mit der einen oder anderen Situation klarzukommen – aber sie helfen nicht?

Es heißt so schön: Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied. Ja das stimmt. Ein Schmied formt das Hufeisen nach eigenem Belieben. Ach, herrlich, schon wieder eine Metapher. Aber auch er muss sich den physikalischen Gesetzen unterwerfen, was die Hitzebeständigkeit und Formbarkeit des Materials betrifft.

Im Leben weht Wind. Manchmal ist er uns dienlich, und manchmal scheint er gegen uns zu arbeiten.

Was bleibt uns also, als unsere Segel zu setzen? Wir haben keine andere Wahl. Wir müssen für jede Situation die passende Strategie parat haben. „Na, wenn das so einfach ist…“ werden Sie vielleicht denken. Natürlich ist das nicht einfach. Niemand kann für jede denkbare oder auch undenkbare Situation oder Herausforderung eine passende Strategie parat haben. Denken Sie nur an die Corona-Zeit. Der Schock im Frühjahr 2020, dem viel Leid und Hilflosigkeit folgte kam für uns unvorbereitet. Viele Unternehmen sind pleite gegangen, Depressionen haben zugenommen. Wie hätten wir uns darauf vorbereiten sollen, werden Sie fragen. Zu Recht.

Nun sind wir schon fast beim Thema Resilienz. Resilienz bedeutet ja nicht, dass ich auf jede Frage eine Antwort habe oder eben für jede Herausforderung die passende Strategie. Resilienz bedeutet – vereinfacht gesagt, dass ich gesund und stabil auch jene Zeiten meistern kann, in denen ich unlösbaren Aufgaben ausgesetzt bin, Zeiten, in denen die Strapazen an mir nagen. Also dreht sich alles um die Frage: Wie gehe ich damit um, wenn es mal nicht vorangeht?

Im Leben weht Wind. Den können wir nicht bestimmen. Aber wir können die Segel setzen. Und wenn ich nicht weiß, wie ich meine Segel setzen muss, so weiß es vielleicht jemand anderes, oder ich kann es lernen. Oder ausprobieren. Was dabei herauskommt, mag ungewiss sein, aber wir KÖNNEN sie Segel setzen, ja wir MÜSSEN es sogar.

Ich habe die Wahl: Will ich Spielball von Wind, Wetter, Wellen und Gezeiten sein, oder will ich meinen Kurs versuchen, aktiv zu steuern? Letzteres bedeutet auch, den Wind dankbar anzunehmen, auch den schwierigen. Erinnern Sie sich an das oben angesprochene Kreuzen hart am Wind?

Machen Sie das Beste aus Ihrem Wind! Sehen Sie jeden Wind als Herausforderung. Vielleicht meint er es nur gut mit Ihnen…

Über den Wind können wir nicht bestimmen, aber wir können die Segel setzen.

 

 

 

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Reaktionen:

 

"Mir ist die Kinnlade heruntergeklappt! Dass es mittlerweile so schlimm ist, hätte ich nicht gedacht!"

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"Beeindruckend. Die Zusammenhänge sind gar nicht so schwer. Ich hatte mich vorher damit einfach nicht befasst."

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"Ich wollte erst mich nicht mit dem Thema befassen. Ich wollte mich nicht mit wissenschaftlichen Infos beschäftigen. Aber es war wirklich alles verständlich und hat mich sehr überzeugt!"

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"Ich muss mir an die eigene Nase fassen und werde einiges überdenken, was ich meinen Kindern erlaube und was nicht! - Vielen Dank, dieser Vortrag hat mir die Augen geöffnet!"